Kein Konzept ersetzt Beziehung

Welche Kinder sind denn gut gelungen? Nur jene, die sich still einfügen und anpassen oder auch jene die sich auflehnen und Signale geben, dass etwas grundsätzlich nicht zu stimmen scheint?
Menschen, die sich nicht still einfügen, werden schnell in eine Schublade gesteckt. Anstatt in Beziehung zu treten, versucht man sie still zu machen.
Im Zusammenhang mit Freiheit, Selbstbestimmung und Entfaltung, fallen oft schnell Worte wie «Laissez-faire» und «Antiautoritäre Erziehung». Dass, das nicht geklappt hat, würde man ja bestens sehen….
Integrität leben, bedeutet aber nicht, dass Grenzen ausser Acht gelassen werden sollen. Im Gegenteil. Es bedeutet eigene und andere Grenzen zu erspüren, in Übereinstimmung mit dem eigenen Wesen, so authentisch und ehrlich, wie es gerade möglich ist. Es geht darum eigene Fähigkeiten erfahrbar zu machen und zu sich zu stehen. Es sieht zunächst vielleicht nach einem Umweg aus, wo doch Methoden, Konzepte oder Medikamente auf den ersten Blick einfachere, schnellere und verstandesmässigere Lösungen bieten. Aber Methoden, Konzepte und Medikamente unterdrücken. Und was unterdrückt wird, kommt irgendwann unvermeidbar an die Oberflache, auf eine Art wie wir es uns vielleicht eher nicht wünschen.
Uns fällt es immer noch schwer einer anderen Vorstellung von Lernen Platz zu machen. Wir meinen ganz selbstverständlich Lernen sei auswendig lernen, weil die meisten von uns das gleiche System durchlaufen haben - ein System, das Kinder mit Wissen füllt, wie mit einem Trichter, und das eingetrichterte Wissen abfragen und kontrollieren muss. Der Füllstand sollte bei allen mehr oder weniger gleich sein. Deshalb wird dieser Füllstand bewertet und auf Knopfdruck abgefragt. Das eingetrichterte Wissen verflüchtigt sich dann meist kurze Zeit später, wie ein Gas. Aber das wird in Kauf genommen, dann muss man halt einfach immer wieder neu auffüllen. Und so hat man auch als Erwachsener oft noch das Gefühl sich ständig randvoll auffüllen und dranbleiben zu müssen.
Was uns immer wieder eingetrichtert wurde und was wir schon so lange glauben, ändert sich nicht von heute auf Morgen. Und wir können andere nicht ändern. Aber wir können bei uns selbst anfangen, wenn wir das wollen. Wir können in Beziehung zu uns selbst treten und fühlen. Und irgendwann können wir unseren Kindern und Jugendlichen den Raum geben, den sie brauchen um so zu lernen wie es ihnen entspricht und ihnen das Gefühl vermitteln, dass sie gut sind, so wie sie sind.