Als Mutter von
drei pubertierenden Söhnen, fällt mir immer wieder auf, dass Jugendliche in der Schule, zu Hause oder manchmal auch grundlos in der Öffentlichkeit mit sorgenvoller oder fassungsloser Miene
angeschaut werden. Und das eigentliche Problem ist nicht, dass es offensichtlich nicht läuft, wie man sich das vorstellt, sei es in der Schule oder zu Hause. Das eigentliche Dilemma ist "nicht
gesehen zu werden".
"Ja, aber wir sehen sie oder ihn doch.... Wir sprechen jeden Tag über die Probleme in der Schule. Wir sind interessiert, hören zu, fragen nach, diskutieren...." Ganz sicher ist das so, keine
Frage. Wir meinen es selbstverständlich alle gut und wollen nur das beste für unser Kind oder den Schüler. Aber, ob wir es wahrhaben wollen oder nicht, unser Nachfragen ist leider oft geprägt von
Erwartungen und Ängsten. Und oft schwebt über allem das Thema "Schule" und "Entsprechen". Ich will damit nur sagen: Unser Interesse wird auf einer anderen Ebene gebraucht, wie soll ich sagen -
auf der reinen, echten, ehrlichen "Wie fühlst du dich wirklich Ebene" und nicht auf der "Ich mach mir Sorgen, dass du Probleme machst und nicht entsprichst Ebene".
Die Schule kann manchmal ein bedrückender Ort sein. Es herrscht unglaublich viel Druck. Und es ist nicht einfach, sich von dem Druck nicht vereinnahmen zu lassen. Ich wolllte nie und möchte noch
immer nicht, der verlängerte Arm der Schule sein. Es gelingt mir aber nicht immer und ich muss mir das auch immer wieder neu bewusst machen. Wir sind die Eltern, zu unserer Aufgabe gehört es,
speziell in schwierigen Zeiten, zu vertrauen. Auf Knopfdruck geht das nicht. Aber es kann hilfreich sein, über andere Fragen nachzudenken, als immer nur: Was machen wir, weil es in der Schule
nicht läuft...? Wir könnten fragen: Brauchst du unsere Unterstützung? Wie geht es dir? Brauchst du mal eine Auszeit? Manchmal ist es auch gut, einfach gar nichts zu sagen. Jemanden zu sehen und
wahrzunehmen, kann auch anders geschehen als nur über die Sprache.
Und wenn die Schule meint, dass man sich um eine Therapie oder Medikamente kümmern soll, darf man das auch ruhig hinterfragen und allenfalls freundlich antworten: Nein, das wollen wir nicht. Wir
haben darüber nachgedacht, was wir tun könnten, die Antwort lautet: Nichts! Unser Kind mag zur Zeit unbequem sein, aber wenn wir ehrlich sind, finden wir das gar nicht so schlecht. Denn wir haben
unser Kind nicht dazu erzogen, immer nur brav mit dem Strom zu schwimmen. Wir werden aber gerne nochmals offen mit ihm über die Situation sprechen und genau das empfehlen wir Ihnen auch.“ Macht
man sich damit als Eltern unbeliebt? Mag sein, aber es gibt kein Gebot, das Eltern dazu verpflichtet, sich beliebt machen zu müssen.
Und das heisst nicht, aus Prinzip gegen alles sein zu müssen, was Schule oder Therapie betrifft. Und es heisst auch nicht, dass man sich über andere stellt. Es heisst nur, dass man zu sich und
seinem Kind steht.